Streitpunkt E-Motorrad

Die Offenheit von Motorradfahrern ist legendär. Ernst Leverkus hat sie  beschworen. Aber bei E-Motorrädern scheint bei manchem Schluss zu sein.

[Hier ist eigentlich ein Bild: Ein dänisches Schild, das die Durchfahrt für Autos und Motorräder verbietet.]

Es ist Sonntag. Vor mir der Bildschirm. Hinter dem Fenster Regen. Ich müsste arbeiten. Eigentlich. Aber ich mag einfach nicht. Das gibt Anlass, sich ein wenig im Netz herumzutreiben. Gestern habe ich mir ein weiteres Mal die grandiosen Aufnahmen in Why We Ride von Bryan Carrol angesehen. Also geht es jetzt auf die Suche nach Dokus über das Motorradfahren. Auf Youtube finden sich ja einige, vor allem US-amerikanische Versionen.

Egal woher du kommst – Hauptsache du fährst Motorrad

In den Filmen sprechen Motorradfahrer immer wieder von „Offenheit“. Wer ein Motorrad besitzt, gehört dazu. So lautet die Botschaft. Egal aus welchem Milieu man stammt. Egal, welche Maschine man fährt. Wer am nächsten Motorradtreff hält, muss ganz sicher nicht alleine sitzen. Das sind Sätze, die ich auch aus Deutschland kenne.

Begegnung mit einem E-Motorrad

Ich erinnere mich an eine Episode an der Brocker Mühle. Dort waren sicherlich einige hundert Motorräder der unterschiedlichsten Bauarten, Marken und Baujahre versammelt. Der frühe Abend gestaltete sich wie ein kleines Fest unter Freunden. Nur für einen nicht. Denn er war mit Elektroantrieb unterwegs. Einer italienischen Energica Ego. Also 100 kW, 240 km/h Spitze und rund 260 kg Gewicht. Ein Elefant auf Katzenpfoten.

Generell hat der E-Antrieb einen guten Ruf. Zu gut, wie das Magazin Spektrum treffend schreibt.* Das scheint aber tendenziell eher für Autos zu gelten. Unter Motorradfahrern höre ich häufiger kritischere Stimmen. Was möglicherweise daran liegt, dass viele Motorradfahrer eine höhere Affinität zu technischen Dingen haben. Und wissen wollen, wie das Gesamtkonzept einer Maschine funktioniert. Hinsichtlich der allgemein gefeierten E-Motoren scheint die kritische Haltung jedenfalls mehr als berechtigt.

Dreckschleudern in Windeln

Denn der Glaube, dass ein E-Motor die Emissionen insgesamt senken würde, ist naiv. Den „ökologischen Nulltarif“** wird es auch mit einem E-Auto oder E-Motorrad nicht geben. Eine Batterie ist unterm Strich nun mal alles andere als saubere Technologie.

In Zahlen heißt das bis zu 200 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde Speicherkapazität. Hinzu kommen die begrenzte Lebensdauer, eine sehr aufwändige Herstellung und die Entsorgungsproblematik. Wenn die Dinger zudem noch aus einem Land importiert werden, das seine Fabriken unbekümmert mit Kohlekraft antreibt? Dann darf getrost von einem wirklich tiefen Griff ins Klo gesprochen werden.***

Faktisch besitzt ein elektrisches Neufahrzeug damit bereits eine Biographie als Dreckschleuder. Ohne jemals auch nur bewegt worden zu sein. Solange  Strom und Batterien nicht auch global tatsächlich „grün“ produziert und entsorgt werden können, ist der Kauf eines E-Mobils im Interesse der guten Sache damit ein Eigentor.

Sein oder Nichtsein?

Zurück zum Motorradtreff an der Brocker Mühle. Die Neugierigen rund um die Energica Ego teilten sich in drei Gruppen auf. Die an technischen Details Interessierten. Dann grundsätzliche Skeptiker. Und außerdem eine recht große Truppe, die ihrem Ärger deutlich Luft machte.

Der äußerte sich im Wesentlichen in zwei Sätzen. „Das ist kein Motorrad!“ und „Der hat hier nichts zu suchen!“

Was mich zu der Frage führt, was ein Motorrad eigentlich ist.

*Siehe C. Schrader: Ein kritischer Blick. Am 04.11.2017 erschienen auf spektrum.de, [aufg. am 01.12.2018].                                                                                                                                      **Eckard Helmers zitiert nach ebd., [aufg. am 01.12.2018].
***Hier der Direktlink zu einer Studie des IVL Swedish Environmental Research Institute. Mia Romare, Lisbeth Dahllöf (2017): Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries. A Study with Focus on Current Technology and Batteries for light-duty vehicles. Stockholm, [aufg. am 01.12.2018].

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4 Comments

  1. Du hast das Problem auf den Punkt gebracht, Gypsy Chimps. Wir haben noch keine saubere Energieversorgung. Dennoch glaube ich, dass eines Tages eine Umwelt schonendereTechnik auf den Markt kommen wird.

    1. Sehe ich auch so. In dem Kontext auch interessant finde ich Ansätze von Unternehmen wie beispielsweise Fairphone, die wirklich die gesamte Produktions- und Vertriebskette abtasten.

  2. Ich habe mir ja auch mal Gedanken über E-Motorräder gemacht. Ob es an diesem Tag geregnet hat, weiss ich nicht mehr, aber die Gedanken schwirrten laut im Kopf.

    Seit einer Probefahrt bin ich davon fasziniert, und für mein Fahrprofil würde eine Zero SR/F oder eine Energica sehr gut passen. Gewissenstechnisch hätte ich relativ wenig Sorge, denn in meiner Heimat Südtirol wird sehr sehr viel sauberer Wasserkraft-Strom produziert. Was dann auf jeden Fall umweltschonender ist wie brennender Treibstoff, der durch Treibstoff verbrennende Tankwagen angekarrt werden muss.

    Bin gespannt, in diesem Jahr steht nämlich noch eine ausführliche, amperegeladene Probefahrt auf dem Programm.

    Griass – JvS

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