Achtung Preisfalle

Ihr kennt das sicherlich. Leichte Preisschwankungen beim Internetkauf. Welche Blüten das treibt, ist mir erst kürzlich aufgefallen. Ausgerechnet im Motorradbereich.

Schwankende Preise sind mir zum ersten Mal vor längerer Zeit bewusst geworden, als ich ein nicht weiter spektakuläres Produkt (eine wasserdichte Powerbank mit Solarzellen) auf meiner Wunschliste stehen hatte. Die Preisunterschiede bewegten sich tagesabhängig im Rahmen von plus/minus 10,- Euro. Für ein und dasselbe Produkt. Bei demselben Anbieter. Innerhalb von vier Tagen.

Viel Herzschmerz

Mir fallen keine Argumente ein, die diese elastischen Preise plausibel rechtfertigen könnten. Es ist aber auch nicht meine Aufgabe, Anbietern Gründe zu liefern und auch nicht, deren wirtschaftlichen Fehlkalkulationen auszugleichen. An der Börse bin ich auch nicht. Und da will ich auch nicht hin.

Vielmehr meine ich, dass ich als Kunde ein gutes Recht habe, ohne große Recherche zu erfahren, wofür genau ich da eigentlich mehr bezahlen soll. Auch und gerade online. Es geht um Preistransparenz. Stattdessen bekomme ich bunte Bildchen, Filmchen mit viel Herzschmerz und überbordende, inszenierte Begeisterung für die profansten Dinge. Viel Content. Wenig Inhalt.

Mittlerweile scheinen sich die meisten daran gewöhnt zu haben. Gewöhnung bedeutet Akzeptanz. Obwohl wir alle wahrscheinlich besser beraten wären, würden wir um manche Plattform einen großen Bogen machen.

Aber das ist ein anderes Thema und gehört hier auch nicht wirklich hin. Hier gehört hin, dass diese Praktiken von manchen Anbietern im Motorradsegment übernommen werden. Das war mir neu. Neu war mir auch, dass der Ansatz elastischer Preisgestaltung merkwürdige Blüten treibt.

Motorrad mieten online

Ab und zu mieten wir uns Motorräder – in diesem Jahr in Portugal. Wir landen auf einer Plattform, die weltweit zu lokalen Vermietstationen von Motorrädern vermittelt. Das ist für alle Beteiligten eine gute und nützliche Sache. Es entlastet beispielsweise gerade kleine Motorradverleiher bei Marketing sowie Vertrieb und sie müssen sich nicht mit den technischen und rechtlichen Finessen bei der Abwicklung auf einer Webseite herumschlagen. Wir Kunden profitieren davon, weil wir Zugang zu weiteren Angeboten erhalten.

In diesem Falle bezahlen die einzelnen Vermieter 15 % Provision an den Webseitenbetreiber. Ein fairer Deal, wie mir später vor Ort von den Vermietern versichert wird. Auf jeden Fall weitaus fairer als das, was beispielsweise Booking oder Airbnb mithin verlangen.

Zu Beginn sind wir noch unentschieden. Sowohl hinsichtlich unseres Startpunkts, als auch hinsichtlich der Maschinen. Dann geben wir nach vier Tagen dem genannten Portal den Vorzug und wählen zwei Royal Enfield 500 aus. Die passen am besten zu unseren Plänen. Das Portal habe ich bis dahin wiederholt durchforstet. Da es nicht möglich ist, zwei Motorräder im Bündel zu buchen, loggt sich meine Frau über ihr Handy ein, um sich mit mir zeitgleich ihre Maschine zu reservieren.

Buchungspingpong

Wir rufen uns die einzelnen Buchungsschritte und Konditionen zu. Sie am Telefon, ich am Laptop:

„Mit Seitentaschen?“ – „Yep!“. „Flughafentransfer!“ – „Hab ich!“ Kurz vor Abschluss letzter Check. Mehr beiläufig rufe ich ihr abschließend den Preis zu.

Doch Moment! Mir will man nun 70,- Euro mehr in Rechnung stellen als meiner Frau. Holla! Ich wechsle zu meinem Telefon und siehe da – hier bekomme ich den günstigeren Preis.

Ich bin mir nicht sicher, wer da von was geritten wird und was genau die Parameter sind, die diesen Algorithmus der Webseitenbetreiber bestimmen. Mit Kundenorientierung, Transparenz und, um ein Wort zu bemühen, das ich gerne öfter anwenden würde, Aufrichtigkeit, hat das jedenfalls nichts zu tun. Schade.

Denn ich bin durchaus gerne bereit, für eine gute Leistung gut zu bezahlen. Für mehr nicht.

Zum Inhaltsverzeichnis.

8 Comments

  1. dynamic pricing ist ein trend, der online perfekt die von der sogenannten globalisierung entfesselte wucht von angebot und nachfrage umsetzt. die ganze welt ein markt, die ganze welte eine börse.
    https://www.intelligencenode.com/blog/dynamic-pricing-disrupting-online-retail/

    wir buchen bzw bestellen (wenn etwas garnicht anders und nur online geht) immer mit zwei macbooks (wird dann meist teurer, weil das device auf wohlstand schließen lässt) und parallel einem oder zwei lälteren iphones. wir haben uns eingebildet, dass sich so zumindest via den jeweils günstigeren kanal ordern lässt. aber von einem meiner kunden, einem online-werbevermarkter, weiß ich, dass stetig am besteck gefeilt wird, um den konsumenten möglichst optimal zu melken.

    und in den brick-stores? in den saturn-märkten in NL sehe ich schon länger dynamische, elektronische preisschilder.

  2. Diese Praxis ist leider schon längere Zeit üblich.

    Die Preise, die dir angeboten werden, orientieren sich u.a. an deinem Gerät, mit du dich einloggst (Apple-User bezahlen oft mehr als Windows-Anwender, denn wer die Asche hat, sich nen Apfel zu kaufen, kann auch mehr bezahlen), wie oft du dich auf deinem Gerät einloggst („Hoppla, der ist ja schon wieder da, also hat er echtes Interesse“), wann du dich einloggst (mitten in der Nacht an Werktagen solls anscheinend besonders günstige Preise geben) und aus welchem Land du dich einloggst (Kirgisen kaufen oft günstiger ein als Schweizer).

    Je mehr Cookies dich als Käufer identifizieren, umso klarer wird dein Kaufverhalten für den Anbieter. Online kaufen bedeutet heute leider oft, über den Tisch gezogen zu werden.

    Was kann man dagegen tun? Entweder ab in den Laden vor Ort (oft unmöglich) oder dich mit ner alten PC-Möhre aus einem 100-Seelen-Dorf im Kaukasus mittwochnachts zwischen 3 und 4 Uhr einloggen und gleich bestellen. Anschließend die HD formatieren oder besser noch, den PC wegwerfen.

    Traurig, aber wahr!

    1. Hey,

      Um diesen technischen Wahn zu entgegnen könnt ihr auch gerne euren Ursprung ein wenig verdecken.

      Anonyme Browser – VPN usw. wären Möglichkeiten, den Portalen das personalisieren ein wenig schwerer zu gestalten.

      Dafür muss nicht mal ein neuer Rechner her und die HDD muss nicht formatiert werden.

      Und zu guter letzt löscht man gerne auch mal die Cookies – um Webseiten weniger Hinweise auf das Laufverhalten zu geben.

      Beste Grüße – und lasst euch nicht für dumm verkaufen…..

  3. Das ist normal – und ich spiele damit. 😉

    Wenn ich etwas kaufen möchte schaue ich es mir i.d.R. im private mode vom Browser an. Wenn ich es dann kaufe habe ich den normalen Modus aktiv.

    Betroffen sind davon übrigens nicht nur Flugreisen, Smartphones, Konzertkarten und Luxuselektronik sondern auch ganz schnöder, profaner Kram.

    Gerne gehe ich auch über Preisvergleichsportale welche NICHT immer die gleichen Anbieter oben stehen haben. Gerade beim Hardwarekauf macht das Sinn.

    Hotels buchen? Bei den diversen „tollen Portalen“ schauen und dann direkt anrufen oder eine Mail hinschicken. Nicht an das Portal sondern an das Hotel bzw. die Pension.

    Und abschließend: Kein Sterillium bei Amazon kaufen. Da werden 900% Aufschlag von einigen windigen Kaspern verlangt (der Liter normalerweise 8 Euro – Coronapreis 80 Euro). Kaufe berufsbedingt das Zeug immer wieder für mich auch privat (da steht dann die Buddel daheim, für die Arbeit gibt’s das vom Arbeitgeber). Daher kenne ich die Preise. 😉

    1. Das ist sinnvoll. Ich bin da einfach kein Fuchs. Und zu dem Corona-Schattenmarkt – ärgerlich! Mittlerweile stolpere ich sogar über überteuerte Webcams und Hefe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert