Regenroulette

Regenroulette ist ein Spiel, dessen Regeln eigentlich klar sind. Es gibt aber mehr als nur eine Möglichkeit zu verlieren.

[Bild: Regenroulette | motorradblog.de]

Regenkombis sind jedenfalls eine feine Sache. Dass mit den Dingern selbst eine Fahrt durch Starkregen zum Genuss werden kann, ist wunderbar. Solange man in einer wirklich dauerhaft regenfesten Kombi unterwegs ist. Aber lästig, ja wirklich lästig ist das Anziehen. Ich bin mir sicher, dass deshalb die meisten diesen Moment so weit wie möglich vor sich herschieben.

Blähbär!

Als Alternative habe ich mir mal einen kompletten Satz Ölzeug bei einem Schiffsausstatter besorgt. Dichter als Friesennerz geht ja nicht und der Einstieg gerade in die großzügig geschnittenen Hosen war fix erledigt. Der Nachteil machte sich dann ab etwa 60 km/h bemerkbar. Da weder Ärmel noch Hosenbeine wirklich luftdicht verschlossen sind, wird man regelrecht aufgepustet. Meine Frau wäre vor Lachen beinahe vom Motorrad gefallen und hat mich mit großem Vergnügen „Blähbär“ gerufen. Vorzugsweise in der Öffentlichkeit.

Hört gleich wieder auf

„Hört gleich wieder auf“ oder „das nieselt ja nur“ sind die autosuggestiven Argumente im Regenroulette. Das ist der entscheidende Moment, in dem sich entscheidet, ob man als Verlierer oder Gewinner hervorgeht.

Wer zudem mit Endurostiefeln oder ähnlich voluminösem Schuhwerk fährt, muss die ja auch erst noch ausziehen. Es sei denn, an den Beinenden befinden sich großzügig angebrachte Reisverschlüsse. Die dann aber meist nicht dichthalten. Immerhin spart man sich mit guten Endurostiefeln oft die Galoschen. Alle anderen müssen den Kampf mit Gummi (dicht) oder Textil (Roulette) aufnehmen. Ich habe dann das Gefühl, mit Flossen zu fahren. Das kann an Schalthebel und Bremse hakelig und an der Tankstelle rutschig werden. Aber gut, dafür bleibt man trocken.

Klimafragen und Geduldsproben

Wenn man nicht an einem Regentag mit über 24 Grad Temperatur unterwegs ist. Denn dann lohnt der Aufwand eigentlich nicht. Wer sich in voller Montur noch so schnell wie möglich das Regenzeug überwerfen will, weiß , wovon ich spreche. Bis alles sitzt, läuft der Schweiß mitunter den Rücken hinunter.

Die letzte Geduldsprobe im Regenkombimarathon sind Überziehhandschuhe. Die eine Seite geht immer schnell, mit der dann aber schon verpackten Hand die andere Seite zu meistern, macht mich regelmäßig wahnsinnig .

Übrigens ist genau das ein weiterer Moment, der darüber bestimmt, ob man im Regenroulette gewinnen wird. Wer jetzt noch zur Toilette oder hinter den Baum muss, seinen Schlüssel in der Hosentasche hat oder das Portemonnaie hervorkramen muss, hat verloren.

Alle anderen haben sich einen weiteren Motorradtag im Jahr ertrotzt.

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Du bist ...

10 Comments

  1. Ich konnte mir beim Lesen das eine oder andere Schmunzeln nicht verkneifen.
    Nicht nur bis auf die Haut, nein, gefühlt bin ich schon bis auf die Knochen nass geworden. Und das durchaus in hochwertigen Kombis.
    Vor der Tour in den hohen Norden musste also was „Gutes“ her.
    Ein tiefer Griff ins Sparschwein war nötig. Der Kauf einer hochpreisigen Jacke+Hose beschlossen. Mein eigner Tauglichkeitstest hat mich schon vor der Tour überzeugt. In der kompletten Montur+Stiefel+Helm hat mich ein Kollege minutenlang „ge-Kärchert“
    DICHT…. TROCKEN….. GENIAL
    Aber trotzdem, die damaligen Regenfahrten hatten keinerlei negativen Einfluss auf das Gesamterlebnis eine große Tour machen zu können.
    DLzG ✌️

  2. Herrlich!

    Ich liebe diese Frage, ob es nur ein Schauer oder doch Dauerregen ist, wird oder sein wird. Im Baltikum 2017 stellte sich die Frage eher nicht, da es quasi ständig geregnet hat. Und als man mit hochgezogen Schultern durch strömenden Regen fuhr und dachte, schlimmer kann es nicht werden, fing es an zu hageln.

    Schöne Anekdote auch von einer Tour, als ein mitfahrendes Pärchen (Fahrer und sozia) in ihre Regenhosen kämpfen. Er windet sich wie ein Wurm auf dem Boden, um strampelnd und ziehend in die Hose zu kommen, als sie plötzlich in einer riesigen Hose bis unter die Schultern gezogen vor ihm steht und meint „sag mal, kann es sein, dass du versuchst, in meine Hose zu kommen?“

    Danke für die Aufmunterung an einem regnerischen Wochenende!

  3. Sehr schön erzählt. Nett sind übrigens auch die Varianten „die Lederhose ist im Schritt nicht mehr dicht“ und „Wasser läuft von unten in die Jacke hoch“.

  4. Es gibt noch einen Bonustrack beim Regenroulette: Schon mal tropfnass (mit oder ohne Regenkombi, das ist dann egal) in einer Hotelrezeption angekommen? Da weiß man sofort, ob man gewonnen oder verloren hat: „Wir haben da einen guten Trockenraum für Deine Klamotten. Und dann gibts erst mal einen heißen Tee!“ 😘 versus „Nein, wir haben kein Zimmer für Sie reserviert. Und bitte wischen Sie doch beim Rausgehen die Pfützen hinter sich auf!!“ 😡

  5. Ein schöner Text, der sich mit einem Problem befasst, auf das ich nie adquat reagiert habe. Aus einem von Faulheit getriggertem Optimismus heraus hatte ich mir immer erst das Regenzeug übergezogen, wenn ich eh schon durchnässt war. Diesmal möchte ich es besser machen, habe aber noch keinen Regenschutz und bin auch ziemlich ratlos, was ich mir da holen soll. Als Royal-Enfield-Fahrer fände ich was stilvolles schön. Die Blähbärvariante klingt da interessant. Vielleicht könnte man sie mit Gummizügen an den Ärmeln optimieren. Wo tritt den überall der Wind ein?

    Herzliche Grüsse
    derhalbhartemann.com

    1. Gummizüge habe ich ausprobiert und sind eine gute Lösung. Die müssen allerdings sehr stramm sitzen, ansonsten rutschen sie mit der Zeit hoch. Wenn Du Dir Ölzeug holst, dann greif zu dem wirklich schweren Zeug. Die dünnen Modedinger halten nichts aus. Also beim Schiffsausrüster oder auch beim Ausstatter für Berufskleidung schauen. Die Jacke darf nicht zu lang sein, ansonsten stört’s. Ich habe darauf geachtet, dass die Reissverschlüsse nicht offen liegen und robust sind. Schreib mal, wenn Du fündig wirst.

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