Wieder einmal erreichte mich eine dieser Nachrichten in den sozialen Netzwerken, die Motorradfahrer erzittern lassen. Ein Motorrad wurde geklaut.
Es sind Botschaften des Ärgers und der Verzweiflung. Aber offenbar auch der Hoffnung, das geliebte Stück auf diesem Wege wiederzufinden.
„Geteilt in …“
Manch einer reagiert. „Geteilt in …“ ist dann zu lesen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist freilich gering. Jedenfalls habe ich noch keinen einzigen derartigen Jubelpost gelesen.
In Deutschland wurden laut Statistik des BKA 2017 mehr als 28.000 Motorräder und Mopeds gestohlen.* Das entspricht ungefähr 20% der Neuzulassungen und rund 8% aller zugelassenen Motorräder im selben Jahr.
Am höchsten ist die Diebstahlquote dabei in Berlin, Brandenburg und Hamburg. Es folgen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen. Noch aufschlussreicher ist die Angabe nach Landkreis.** Denn dann wird deutlich, dass sich die Diebstähle regional weiter aufteilen. In Nordrhein-Westfalen liegen beispielsweise Dortmund, Essen und Recklinghausen weit vorn in der Statistik, während andere Kreise des Bundeslandes den Wert wieder ausgleichen.
Achtung Aachener!
Fest steht, dass ein Motorrad, zumindest dem statistischen Durchschnittswert nach, in Aachen am unsichersten, in Garmisch-Partenkirchen am sichersten steht. Bayern ist ohnehin begünstigt. Mit Ausnahme von Ingolstadt. Hier parkt ein Motorrad ähnlich gefährdet wie in Berlin.
Die geringe Aufklärungsquote spricht eine klare Sprache. Deshalb muss wohl gesagt werden, dass die oben genannten Postings zwar nett gemeint sind, aber nur im seltensten Fall, wenn überhaupt, etwas bringen.
Diebstahllogistik
Auch, weil die Diebe gut organisiert zu sein scheinen. Die Meldungen in Lokalzeitungen und Beschreibungen von Betroffenen legen jedenfalls die Vermutung nahe, dass ganze Gegenden zunächst systematisch ausgespäht werden. Um dann im richtigen Moment zuzuschlagen. Es bleibt also nicht bei einem einzigen Motorrad, sondern es werden tendenziell immer gleich mehrere Maschinen gestohlen. Das setzt Planung, gute Organisation und Logistik voraus.
So berichtete der Bonner General-Anzeiger von einer Bande, die sich auf hochpreisige Fabrikate spezialisiert hatte, deren Teile dann entweder bei Ebay verhökert oder wieder zu neuen Motorrädern zusammengebaut wurden.***
Auch von weniger organisierten Fällen ist in der lokalen Presse zu lesen. Schrauberteams beispielsweise, die sich auf diesem Weg mit Ersatzteilen versorgen oder andere Kleinkriminelle, die sich mit gelegentlichen Weiterverkäufen etwas dazuverdienen.
Ich habe mich gefragt, wie ich mein Motorrad besser schützen kann. Das Ergebnis ist ernüchternd. Manch ein Video zeigt ja deutlich die Techniken professioneller Diebe. Erstaunlich schnell wird da ein am Straßenrand parkendes Zweirad einfach in einen kleinen Lieferwagen gekippt:
Ein eingespieltes Team braucht weniger als eine Minute. Auf beherzte Passanten braucht man gar nicht erst zu hoffen.
Ein Bremsscheibenschloss hilft in diesem Falle nicht. Lenkradschlösser sind ebenfalls nur ein zweifelhafter Schutz. Alarmanlagen scheinen auch nur von bedingtem Nutzen. Denn für einen Profi ist es bestürzend einfach, die von Herstellern eingebauten Sicherungen auszuhebeln. Wer weiß, wie es geht, sorgt mit ein paar Handgriffen für Ruhe und freie Fahrt.
Gute Ideen am Start
Eine interessante Initiative haben die Macher der Seite Geklaute Motorräder ins Leben gerufen. Hier können die Daten eines gestohlenen Motorrads eingegeben und im Verdachtsfall abgerufen werden.
Das wird selbstverständlich nur ab einem gewissen Bekanntheitsgrad bei Betroffenen und Behörden funktionieren. Um mittelfristig auch eine grenzüberschreitende Lösung zu bieten, wäre eine mehrsprachige Seite zudem vorteilhaft. Ich hoffe sehr, die Betreiber können den Aufwand, der mit einer solchen Webseite verbunden ist, bewältigen. Ihnen wünsche ich viel Erfolg!
Motorraddetektive
Meiner Meinung nach sind aber eigentlich die Hersteller in der besonderen Pflicht. Es wird in alles Mögliche investiert. Dabei wäre statt LED-Zauber, ziselierten Schraubenköpfchen, Zubehörschnickschnack, selbstfahrenden Motorrädern und dem ein und anderen elektronischen Gadget eine gescheite Lösung für den Fall der Fälle weit mehr von Nutzen.
Ein kleiner niederländischer Fahrradhersteller macht vor, wie es gehen könnte. Die Fahrräder werden mit Rückholgarantie bei Diebstahl verkauft. Das kostet 100 € im Jahr. Denn wer würde sich in Amsterdam, Paradies für Fahrraddiebe, sonst ein Stadtfahrrad für mindestens 900 € kaufen?
Genau. Niemand. Und deshalb verbaut das Unternehmen GSM-Sender im Rahmen. Sollte ein Fahrrad gestohlen werden, gehen die Mitarbeiter auf die Jagd. Auch grenzübergreifend. Bislang, so berichtet brand eins, ausnehmend erfolgreich.
Also liebe Motorradhersteller. Warum nicht mal einen Wettbewerbsvorteil über einen wirklich klar definierten Vorteil ins Programm aufnehmen?
Wenn aber die Großen nicht wollen, dann wäre das doch auch eine feine Idee für ein Start-Up. Wer den Mut hat und noch einen Motorraddetektiv braucht, der melde sich. Ich bin dabei!
*Die Daten des BKA sind etwas kryptisch aufbereitet. Ich habe die konservative Lesart gewählt. Eine andere Auswertung würde eine Anzahl von weit über 30.000 Diebstählen ergeben. Siehe die Webseite des BKA: PKS 2017 Standard Übersicht Falltabellen. [aufg. am 07.02.2019]
**Vgl. die vom BKA zur Verfügung gestellte interaktive Landkarte sowie die Karte des Verbraucher-Atlas von verivox zu Motorraddiebstahl. [aufg. am 07.02.2019].
***Benjamin Jeschor im General-Anzeiger (01.07.2009): Diebesbande hatte es auf teure Motorräder abgesehen. [aufg. am 07.02.2019].
****Johannes Böhme: Die Jäger der verschwundenen Räder. Erschienen in brand eins: Die Wüste lebt. Schwerpunkt Service. 20. Jahrgang, Heft 7, Juli 2018, S. 58-63. [aufg. am 07.02.2019].
Wäre wirklich an der Zeit, dass etwas unternommen wird.
Für die Hersteller sollte es doch nicht so schwierig sein einen Sender einzubauen, der vom Eigentümer aktiviert werden kann.
Zu viele Möpis verschwinden, und es wird vor Nichts halt gemacht.
Wäre auch dabei.
Super Idee, ich bin sofort dafür!
Immer wieder beeindruckend, wie erfinderisch unsere niederländischen Nachbarn im Bereich Fahrzeugbau/Technik sind.
Gibt Hersteller von Fahrrad-GSM-Ortungssystemen, die lassen sich wunderbar auch für Motorräder einsetzen. Die Lösungen sich zwar recht „gross“, Bauartbedingt lässt sich so etwas aber ganz gut an einem Motorrad verstecken.
Sollte jetzt noch ein Anbieter darauf kommen das ganze auf eine andere Ebene zu bringen (z.B. Thema IoT kombiniert mit LoRaWAN) dann bekommt man eine stromsparende Lösung mit passabler Ortung über die Antennen und kleinem Bauformat.
Ideen sind vorhanden, fehlt leider nur jemand der sich dem Thema annimmt und auch mal etwas Entwicklung investiert.
Motorrad-Detektiv, das klingt gut, da mache ich auch mit. Mantel, Hut und Sonnenbrille habe ich auch schon.
So etwas gibt es schon. Dguard aus Zittau. Das hat auch eine Diebstahlwarnfunktion und einen Motorradfinder. Das ist allerdings nicht ganz billig. Ansonsten muss man einen Dogfinder nehmen. Da geisterte neulich was durch Mydealz.
Leider selbst auch schon Opfer geworden. Grundsätzlich kann man natürlich der Meinung sein, dass die Hersteller da was machen sollten, hat dann aber mehr oder minder das gleiche Problem wie auch jetzt schon und vor allem bei PKW.
Alles was Serie ist, ist einfacher zu umgehen, da man entsprechend fahrzeugspezifisch arbeiten kann.
Es ist ja auch nicht so, dass die Fahrzeuge immer zerlegt und in Einzelteilen verkauft werden. Oft werden einfach die Steuergeräte getauscht und die Fahrzeuge weit entfernt gefahren.
Ein 10k€ Mopped geklaut, 800-1000€ für ein neues Steuergerät und Schlossatz und für 2,5-3k verkauft.
In UK gibt es das hier https://www.youtube.com/watch?v=eAr56x8lsuI