Hollister?

Und schon wieder jemand mit einem T-Shirt, auf dem in dicken Buchstaben die Marke Hollister steht. Aber kein Motorradfahrer.

[Bild: Hollister | motorradblog.de]

Denn Hollister ist ja so etwas wie eine ikonische Blaupause in der Motorradgeschichte. Das hat Bedeutung. Mit Hollister wurde das latent rebellische Image von Motorradfahrern medienwirksam in Stein gemeißelt. Es reicht heute von der offenen Kampfansage sogenannter 1%-er bis hin zur stilistischen Vorlage für den Wochenendrocker.

Kurzer Rückblick

Für alle, die mit Hollister nichts anfangen können, sei die Geschichte kurz und unvollständig erzählt. Im Juli 1947 trafen sich in dem kalifornischen Ort nicht zum ersten Mal rund 4.000 Motorradfahrer. Zu erwähnen ist, dass der Anteil von Veteranen des zweiten Weltkriegs dabei nicht unbedeutend war. (Über die Affinität von ehemaligen Soldaten und Motorradfahren sei an anderer Stelle erzählt.)

Das mag die Stimmung aufgeheizt haben. Die Polizei griff mehrmals ein. Man fuhr Rennen, feierte, es gab wohl eine Schlägerei, eine Scheibe ging zu Bruch und man dröhnte über die Hauptstraße. Alles nicht so spektakulär, als dass man über einen Beitrag im lokalen Käseblatt hinauskäme. Eigentlich.

Stattdessen bauschte die Presse den Fall auf. Man empörte sich, schrieb und sprach von Randalierern mit krimineller Energie, beschwor das Ende aller Zeiten und schüttelte den Kopf über die barbarische Jugend. Bilder gingen um die Welt (das bekannteste davon, siehe oben, ist gestellt*), bis es schließlich zu einer Sache nationaler Politik erhoben wurde.

Geblieben ist das Image

Motorradrennen wurden vorübergehend verboten, man beschuldigte, jammerte, klagte, moralisierte. Irgendwann war die Sache dann mehr oder weniger vergessen. Andere Geschichten erregten das spießbürgerliche Gemüt. Geblieben ist das Image, das immer wieder auch in Filmen aufgegriffen und mit der Zeit dann auch in der Motorradszene zunehmend kommerzialisiert wurde.

T-Shirts mit dem Markenaufdruck Hollister wollen aber so gar nicht passen. Meiner Meinung nach stehen sie wohl eher für das genaue Gegenteil von dem, was viele Motorradfahrer schätzen (und idealisieren). Wenn den kritischen Berichten über das zugehörige Textilunternehmen Glauben geschenkt werden darf, dann steht es keineswegs für Individualität, Freiheit und Unabhängigkeit.

Und deshalb finde ich es doch sehr beruhigend, dass wir, erstens, nicht zur erklärten Zielgruppe zählen und dass, zweitens, es bis heute jeden Independence Day in Hollister eine Motorrad-Rally gibt.

*LIFE Magazin. New York, 21. Juli 1947.

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11 Comments

  1. patrick hollister hieß übrigens auch der held von cowboystories, die bis in die 70er als billige groschenheftchen große verbreitung fanden. er muss sich den namen mit einer marke für inkontinenzprodukte teilen.

    1. Musste ich ecosianieren. Das „Coloplast Urinal Kondom“ habe ich mir sicherheitshalber notiert. Sollte ich irgendwann einmal in die wohlverdiente Demenz abgleiten, kann ich mich zumindest daran erinnern.

  2. ……….denn heute ist man schon ein Rebell,
    mit einem drei Jahre alten iPhone Modell!
    (Zitat: Kapelle Petra)
    LIEBEn Gruß
    rudi rüpel

    1. „… glückliche Menschen zwischen den Bäumen …“ Kapelle Petra kannte ich noch nicht. Gleich reingehört. Nah dran an Tocotronic! Danke für den Tipp!

  3. Zielgruppe der Hollister-Klamotten sind ja Teens zwischen 12 und 16 Jahren, also ohne Führerschein und am Tropf von Papas/Mamas Kreditkarte. Also keine Freiheit und schon gar keine Unabhängigkeit. Und Individualität… naja, wenn die alle mit diesen Klamotten rumlaufen müssen, ist’s damit auch nicht weit her. Also zum Glück wirklich keinerlei Überschneidungen…

    … es sei denn, diese Klamotten kommen bei den Kids aus der Mode. Nicht dass sich die Markenstrategen dann auf eine andere Zielgruppe stürzen 😂😂😂

    1. Wobei ich mich auch immer mal wieder frage, wer all diese Motorrad-T-Shirts gestaltet. Und wieso sind da so häufig Totenköpfe drauf?

    2. OMG.
      Gestern beim Kofferpacken erschien im Schrank meiner Tochter doch tatsächlich eine Hollister-Jacke. Und sie ist doch die besten Sozia der Welt …
      Es ist soweit – Holister infiltriert uns Biker 😂

  4. Eine interessanter Ausflug in die Kulturgeschichte des Motorradfahrens.

    Hollister ist überings auch der Name eines Herstellers von Inkontinzprodukten. „Revolution in der Versorgung künstlicher Darm- und Blasenausgänge“, so die Eigenwerbung.

    Auch wenn die Veteranen von Hollister im passenden Alter sind, gibt es da glaube ich keinen Zusammenhang.

    Herzliche Grüsse
    http://www.derhalbhartemann.com

    1. Das scheint ja Allgemeingut zu sein. Schade, dass ich die nicht kannte. Hätte ich dann gerne noch eingebaut. Dein Gedanke, dass da ein Zusammenhang bestehen könnte, ist einfach zu schön!

  5. Zweieinhalb zusätzlich Fakten zu Hollister.
    Das berühmte Foto, dass Du oben auch zeigst, wurde gar nicht in Hollister aufgenommen, sondern später (ich glaube in San Francisco) weil man ein Bild zum Bericht brauchte.
    Die Ereignisse von Hollister dienten als Inspiration für den Film „Der Wilde“ in dem Marlon Brando Chef des BRMC – Black Rebel Motorcycle Club (auf deutsch: Blauer Rebellen Motorrad Club) ist.
    Ja, genau deshalb heißt die Band so.

    1. Ich glaube, die Marlon Brando-Pose ist bis heute gültig. Eigentlich müsste man mal eine Filmnacht mit den großen Klassikern der Motorradfilmgeschichte machen.

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