Schlägereien, Willkommensgrüße, Denglisch und dicke Waden. Oder von der Erkenntnis am Kaunertaler Gletscher, dass ich kein Biker bin.
Alpenfreunde kennen den formidablen Kurvenwechsel der Kaunertaler Gletscherstraße, der sich langsam den karstigen Berg hinaufzieht und dann im kümmerlichen Rest des einst so stolzen Gletschers endet.
Wenn nicht gerade Erlkönige über den Asphalt gescheucht werden, geben sich hier im Sommer Ski-, Rad- und Motorradfahrer, Wanderer und andere Wochenendausflügler die Hand.
Auch Gruppen von Sportwagenfahrern, vor denen man sich allerdings in Acht nehmen muss. Was da mit viel Lärm den Berg hinaufhechelt, zeichnet sich nicht selten durch ein signifikantes Delta zwischen technischem und menschlichem Potenzial aus.
Biker am Nebentisch
Um möglichst ungeschoren die Berg- und Talfahrt anzutreten, lohnt sich deshalb eine Übernachtung in der Nähe. Das taten vergangenen Spätsommer auch wir. Und so saßen wir morgens verschlafen am Frühstückstisch eines Hotels, das mit einem großen und in dieser Ecke häufigen Schild „Biker welcome“ und einem kleinen Motorradbildchen für sich wirbt. Endgültig wach wurde ich, als hinter uns am Nebentisch von Bikern die Rede ist.
Man spricht vom Fahren am Limit, Kameradschaft, Mannschaftsgeist, von blutigen Stürzen und schließlich sogar von einer Schlägerei auf überfülltem Parkplatz, der von Bikern für Biker verteidigt wurde. Ich wollte mich nicht gleich zu der Gruppe umdrehen. Vor meinem inneren Auge steigt in dem Moment deshalb das Bild kuttentragender Rocker mit Stiernacken auf, die Rührei und Speck in sich hineinschaufeln.
1%er?
Mir sind nur sehr wenige Motorradfahrer begegnet, die sich selbst ohne weiteres als Biker bezeichnen würden. Es sei denn, sie sind Mitglied eines einschlägigen MC, bei dem das gesamte 1-Percenter-Repertoir angesagt ist. (Übrigens finde ich es viel lustiger, von Einprozentigen zu sprechen.)
Die Bezeichnung „Biker“ bleibt jedenfalls den Typen mit hartem Image vorbehalten, die entweder am Rande der Illegalität unterwegs sind. Oder die sich gleich als Vollzeitkriminelle durchs Leben schlagen. Alle anderen sind Motorradfahrer.
Den Gedanken, dass sämtliche „Biker welcome“-Schilder der häufig eher bieder daherkommenden Pensionen, Gasthäuser und Hotels eigentlich gar nicht uns Motorradfahrern, sondern vielmehr Bandidos, Hells Angels, Mongols usw. gelten, finde ich daher immer wieder amüsant.
Der unfreiwillig belauschten Gruppe vom Nebentisch begegne ich später an der Müslitheke. Die dürren Jungs mit den dicken Waden fahren allesamt Geländefahrrad, also neudeutsch Mountainbikes. Biker eben.
SEHR gut, vor allem das „signifikante Delta“ brachte mich zum Lachen! 😉
Werde nun – wenn ich wieder als „Biker“ bezeichnet werde, antworten: „Ja, und ich bin ein 1%er.“
.. denn nur max. 1% meiner Pass-Fahrten im Sommer erledige ich auf dem Mountain-Bike 😉
Das freut mich! Hatte gehofft, dass es zum Schmunzeln anregt. 🙂
Baiker sind doch die früher Blau- oder Rot-Schwarz-, jetzt eher Neonfarben gekleideten Riesentopcasefahris. Die Lederträger sind Rocker. So wurde ich jedenfalls sozialisiert.
Wobei ich mich frage, wie lange es den Biker (oder Baiker) schon im deutschen Wortschatz gibt.
„Riesentopcasefahris“ *ggggg*
Wort der Woche!!
Biker fahren Fahrrad, Rocker fahren 3er BMW.
Motorradfahrer fahren Rollator… während das Motorrad in der Garage vergammelt…. unter 5.000€ verkaufe ich das nicht!
Irgendwann landet es dann auf´m Schrott….
Aber die Krönung ist: „Wir transportieren unsere Reise-Enduros per Spedition nach Süd-Frankreich, weil die Anreise so anstrengend ist“!
hahahaha! Peter M, janz mein Humor.
LIEBEn Gruß
rudi rüpel
Biker? Also wenn ich die Werbung so anschaue dann sind das elektrounterstützte Menschen auf Drahteseln. Wobei der Draht jetzt aus Carbon ist und der Esel obendrauf sitzt. Also zumindest auf den Produktfotos. 😉
»Man spricht vom Fahren am Limit, Kameradschaft, Mannschaftsgeist, von blutigen Stürzen und schließlich sogar von einer Schlägerei auf überfülltem Parkplatz, der von Bikern für Biker verteidigt wurde. «
Ich stelle mir gerade die Pedelec-Crew vor wie sie tapfer ihren Parkplatz vor nicht-elektrifizierten Rennradlern verteidigt. »Der Parkplatz ist nicht groß genug für uns beide!«. Im wilden, wilden Westen war es noch die Stadt, welche zu klein war. 😀
Fahren am Limit == der Akku ist gleich leer?
😀
Ja, die E-Dinger lassen manch Couchkartoffel nun mit wehenden Haaren die Gipfel erstürmen. Ist doch aber eine feine Sache?! Wie auch immer – meine stille Bewunderung gehört den Nichtmotorisierten, die sich die Pässe auf zwei Rädern hochkämpfen.
herrliche Geschichte, so richtig schön fürs Kopfkino.
Danke Dir! 🙂 Und tatsächlich so passiert.
Ich habe eine persönliche Definition bez. ‚Biker‘.
Ein Biker ist für mich ganz bestimmt kein Poser, einer dieser lauten Klappenauspuffzweiradfahrer, oder einer mit Salatschüsselchen als Kappe auf dem Kopf, oder einer für den ohne 300er Hinterreifen die Welt nicht gut genug ist, die Spiegel immer zu groß bzw. nutzlos sind und eine Gewalttour von knapp 80km schon ein Tagesausflug ist.
Ein Biker ist für mich keiner der bei jeder Gelegenheit Beschleunigung samt Sound und Wheelie auslebt und enge Serpentinen nicht mag weil sie nicht zum langen Radstand des Bockes passen und ihn zu viele Gixxer in der Kurve außen überholen, auch über die Gegenfahrbahn und trotzdem rel. ungefährdet weils praktizierende Kurvenblickfahrer sind.
Ein Biker ist für mich keiner der stets und ständig bei irgendwelchen beliebten Treffpunkten mit angeschlossenen Cafes, Frittenbuden oder Eisdielen rumhängt und stundenlang über Freiheit, Heldentaten und Tuning philosophiert.
Ein Biker ist für mich auch keiner welcher sich über Hubraum, Angststreifenbreite, Rundenzeiten, Laufleistungen, Rudelgrößen und Mopedhersteller definiert.
Einem ‚echten Biker‘ nach meiner Definition sind solche Dinge eher egal.
Ich kenn Eisenärsche die wahre Biker sind, ich kenn Cruiser und Chopperfahrer die Biker sind, Oldtimerpaarungen oder auch junge Fahrer auf alten Böcken die auch mal eine ganze Woche unterwegs sind mit gebrechlichen Eisen, ich kenne Tourenfahrer auf vollbekofferten Eisenschweinen und auch welche die mit Softbags, Tankrucksack, Heckrolle und/oder Rucksack schnell mal 3.000km runterspulen- DAS sind für mich Biker.
Auch Leute die ihre Cafe-Racer fahren als wärs eine mit Entenschnabel oder Leute die eine Supersportlerin mit Semi-Slicks zu einer Alm hochscheuchen auch wenn die letzten Kilometer dorthin aus einer langen Steigung mit Sand und Schotter und Serpentinen und angriffslustigen Milchkühen besteht.
Es ist aber auch dann ein Biker, wenn er z.B. bei meiner Tour mitfährt ohne die Beschreibung gelesen zu haben und meint ‚du, auf diesem Schotterweg mach ich mir mit den 200 PS Kupplung und Reifen kaputt, da fahr ich nicht hinauf!‘- kein Problem, ich kenn eine Nachbaralm mit geteerter Zufahrt.
Ein wahrer Biker nach meiner Definition mokiert sich auch nicht drüber, wenn ich einem anderen mit alter Schwalbe oder Puch die Linke zeige, oder einem jungen wilden Leichtkraftradler der sich vielleicht sogar darüber freut wie ein Schnitzel weil ich ausgerechnet auf einem Moped unterwegs bin das er sich erträumt, denn auch er ist für mich ein Biker.
heieiei Gene, echte biker, wahre biker, was es nicht alles gibt. Also wenn ich irgendwo biker lese oder höre, dann krieg ich die Krätze, echt jetzt, is wirklich wahr.
LIEBEn Gruß vom rudi rüpel
seas Rudi,
naja- hier im tiefsten Bayern gibts eigentlich nur Mopedfahrer, dieses neudeutsche und genderneutrale ‚Motorradfahrende‘ ist halt dreimal so lang wie ‚Biker‘ und auch ein Cowgirl war mir schon immer lieber als eine Kuhhirtin… ^^
Als Tourguide der älteren (Nachkriegs-) Generation bemühe ich mich öfter mal krampfhaft mich den jüngeren verständlich zu machen 😉 wobei ich ab und an alte Ausbildertaktiken meiner BW-Zeit anwenden muss ^^
Das macht durchaus Sinn weil recht oft junge Wilde bei meinen Touren mitfahren- und ja, es gibt tatsächlich welche denen die Titulierung ‚Mopedfahrer‘ merklich an der Psyche kratzt… ‚Biker‘ bzw. ‚Superbiker‘ ist cooler, ich sehs ja ein…
Ein humorvolles HABIDERI aus Bayern, 100m außerhalb der maximalen österreichischen Pfeilschussweite
Gene
Hei Gene,
ich bin ein alter Vaterlandsverräter und wenn ich meine Phantasie noch so sehr bemühe, dann kommt nur krudes Zeug bei dem Gedanken was es mit militärischen Ausbildertaktiken so auf sich hat, heraus. Da ich noch nie „cool“ sein wollte, juckt es mich nicht wenn ich jemandes Psyche ankratze indem ich ihn als Moppedfahrer sehe oder grüße. Sollte es ihm nicht passen dann kann er sich bitte dahin begeben wo seinesgleichen willkommen sind (biker welcome).
Ich kann auch mit cowgirl nix anfangen, sprech doch mal so ne Melkerin auf ner Berg Alm an, da is doch Kuhkümmerin noch besser, ausserdem hätte das sogar noch nen direkten Bezug zum Mopped. hahahahaha. Gerne gebe ich das Landei, dann spreche ich schon mal in Gesellschaft, wenn von New York die Rede ist die Stadt als Neff Jorck aus. Herrlich wenn sich die Mienen der Gesprächspartner verziehen, noch besser wenn sich einer berufen fühlt zu berichtigen. hahahahaha! Das sind oftmals die Schlaumeier die nie vergessen wenn von Paris die Rede ist das s schön zu betonen. hahahaha.
Aber Gene, eins finde ich spannend, was für Touren sind das die du da anführst?
LIEBEn Gruß vom rudi rüpel
Habideri Rudi,
als ebensolches urbayrisches Landei ohne Trachtenanzug oder Lederhose kenne ich so manches Mädel vom Lande und den Almen im Umkreis, sind wirklich herrliche Geschöpfe dabei und erfahren im Umgang mit Touristen, egal ob Wanderer, Mountainbiker oder Kradfahrer- überlegen sind sie allemal. die Mädels von der Alm 😉
So gehören sie auch dazu, diese Almen-
werden immer wieder eingeplant in meine Touren die mich durchs Voralpenland und natürlich auch in die Berge führen, Bayern-Austria-Tschechien-Ungarn-Slowenien-Italien bei 1…4Tagetouren, Mitfahrer|innen gibts genug, je nach Fahrweise 3…25 Leute von diversen Clubs, auch parteilose sind dabei.
Allein im Bereich Rupertigau-Chiemgau-Salzburger Land-Tirol hab ich sicher 50 verschiedene Touren parat und entdecke auch in der Heimat immer wieder neue Straßen, top geteerte Bauernautobahnen und herausragende Gastronomie.
Für Tagestouren 300-600km gehts dann auch nördlich der Donau (Wald- bis Weinviertel <3) rund oder drüben Richtung Wildalpen und Bucklige Welt, im Süden alles im Umkreis des Dachsteinmassivs bis Steiermark, Kärnten, Südtirol-
mit den Pässen wirds dann schon anstrengend.
Das wäre im groben der Wirkungskreis als Tourguide, natürlich auch im Alleingang.
2018 war der Bock noch neu, nach 14 Fahrmonaten sind leider schon 38.000km drauf.
Mit zunehmendem Alter vergeht scheinbar nicht nur die Zeit schneller…
Wennst mal Empfehlungen brauchst für die genannten Gegenden-
gerne und gratis, wie meine Touren 😉
p.s.
ich sag Neu-Amsterdam und Hiatamadl.
Hei Gene,
danke für deine Antwort. Hast du eine Internet Seite?
Moin Rudi,
hab keine Seite.
Bin schon öfter danach gefragt worden, vll. bastle ich mir eine in den noch mopedfreien Wochen.
Have a nice day, it is all we have!
Ein Biker, also bin ich – so hätte Dein Text auch überschrieben sein können.
Die Definition dieses amorphen Begriffs überlasse ich allerdings jedem selbst.
Mir ist es ziemlich gleich, wie mich andere, die ich vemutlich eh nicht kenne, bezeichnen, wenn ich Motorrad fahre. Und wer das dann vielleicht auch noch gendergercht auf die hoffentlich gut gefettete Kette kriegen will, soll sich sein Hirn gerne zermartern.
Ich fahre einfach Motorrad …