Seit ich Motorrad fahre, hat sich mein Verhältnis zu Insekten gewandelt. Denn dann geht es, mitunter auch recht schmerzhaft, auf Tuchfühlung.
Beschrieben wurden bislang gut rund 1 Million. Es wird zweifellos noch weitaus mehr geben. Für meinen persönlichen Bestimmungskatalog kam ich früher aber ganz gut mit drei Kategorien aus:
- tut weh (1),
- juckt (2) und
- alle anderen.
Erweiterte Erkenntnisse
Auf zwei Rädern erschließen sich auch hier neue Erfahrungshorizonte, und die Typologien müssen erweitert werden. Eine stechwütige Wespe unterm Helm im fließenden Verkehr bei 100 Klamotten trainiert die Selbstdisziplin (3). Sich in einer Wolke schottischer Kriebelmücken den Helm aufzusetzen (und ihn dann auch aufzubehalten) ein gutes Gespür für den richtigen Moment (4). Übernachtungsgäste in den vorm Zelt abgestellten Endurostiefeln nötigen morgendliche Geduld (5) ab.
Oder dieser schwarze Punkt, der bei voller Fahrt voraus in Kreiselbewegungen zielsicher auf dich zusteuert, immer größer wird und dann mit fast schon ohrenbetäubendem PLOCK auf dem Visier zerplatzt. Bis heute weiß ich nicht, ob es in erster Linie Käfer, Fliegen, Bienen oder andere Tierchen sind, die direkt vor meinen Augen so spektakulär ins Krabbeltiernirvana eingehen.
Deshalb müssen folgende beiden Unterkategorien zunächst ausreichen: kann man abwischen (6a) oder kann man nicht abwischen (6b).
So ähnlich wie Honig
Wer lieber nur Tagestouren unternimmt und sein Motorrad nach so gut wie jeder Ausfahrt putzt, wird die siebte Kategorie sicherlich nicht kennen. Während einer kapitalen Tour bildet sich auf Motorradfront und Koffern eine mehrfarbige, abenteuerliche Schicht (7) aus Chitin, Protein, Blut und anderem Zeug, für dessen Analyse meine biologische und chemische Grundausbildung nicht ausreicht.
Ist natürlich alles regional bedingt. Die Konsistenz ist aber immer ähnlich. Ungefähr so wie festgebackener Honig. Und übt eine offenbar unwiderstehliche Anziehungskraft auf manche Ameisen und Wespen aus.
Ich vermute, dass ein Tourenmotorrad für die kleinen Viecher so etwas ist, wie ein fahrendes Lebkuchenhaus für Hänsel und Gretel. Nach einschlägigen Erfahrungen achte ich deshalb darauf, dass mein Motorrad nicht allzu nah am Zelt steht.
Die Hummel kommt auch gut bei voller Fahrt mit offenem Visier auf das Brillenglas 😉 Einfach nur klasse Deine „ART OF WRITING“
Stimmt! Die Hummel habe ich vollkommen vergessen. Wie kleine Blütenstaubbomben.
Bugs versus Motorradfahrende
Was für eine zutreffende Kategorisierung der unterschiedlichen Insektenarten, die Bikern gefährlich werden können. Wikipedia weiß zu berichten, dass Insekten nachweislich seit rund 400 Millionen Jahren auf der Erde krabbeln oder herumsurren. Der erste Homo sapiens dürfe erst erheblich später auf einem Motorrad durchs Neandertal gebraust sein. Von daher ist die durch Mutation und Selektion geprägte Evolution der beiden Spezies absolut unterschiedlich verlaufen, wodurch Friktionen einfach unausweichlich wurden.
😀 Und dennoch werden die Kakerlaken uns wohl überleben.
Ich hätte da eine kleine Geschichte aus den Anfängen meiner Motorei – eine spätabendliche Eilpassage durch einen mit Maikäfern durchtränkten Wald. Das war dann ungefähr so:
(Zitat-Beginn) .. mittlerweile war ich wegen des argen Zuges im visierlosen Helm nur noch zweistellig schnell – geriet ich in einen Schwarm von Maikäfern. Liebestoll brummten die fetten Käfer von rechts aus dem Wald, um in Höhe meiner Schultern über die Fahrbahn zu schweben und links wieder in den Büschen zu verschwinden.
Dumpf zerschellte die erste Flugreihe auf meiner Lederjacke. Diejenigen mit mehr Glück verfingen sich kurz am Kragen und flogen auf einer neuen Flugbahn unbehelligt weiter. Zwei Pechvögel gerieten in die Klemme zwischen Kragen und Hals, einen blies es unter meine Jacke und ins dunkle Verließ an meinem Rücken.
Der Jackpot ging an den Kollegen, der die Verkleidungsscheibe der RGV volley nahm und in meinen Helm (ohne Visier ..) geschleudert wurde. Das war das erste Mal, dass ich mich über meine Kurzsichtigkeit und den Zwang des Brille-Tragens freute, denn der Käfer zerplatzte in vielen bunten Farben mitten auf meinem Brillenglas und verteilte sich über mein perplexes Gesicht.
Schlagartig, im Wortsinn, verstand ich den Sinn einer Sturmhaube.
(Zitat-Ende)
😉