Ankommen

Wo und wann der Rückweg unserer vierwöchigen Balkanrundtour begann, kann ich eigentlich nicht genau sagen. Vielleicht in Kroatien, denn das Land kennen wir ja mittlerweile gut.

Vielleicht auch schon auf diesem Campingplatz in Montenegro, auf dem es von in teurer Outdoor-Kleidung gehüllten Deutschen im jungen und mittleren Alter in umgebauten VW-Bussen nur so wimmelte.

Satt

Jetzt aber, am Rande der Julischen Alpen, ist es ganz sicher der Rückweg. Die Temperaturen jenseits der 40°, Staub und der Begrüßungsschnaps an jeder Gießkanne sind dahin. Stattdessen sehen wir satte Wiesen, satte Landschaft, satte Menschen.

Auch der erste Regen auf unserer Fahrt. Wie so oft haben wir Glück. Bevor wir komplett durchnässt sind, nimmt uns eine Tankstelle mit weit ausladendem Dach auf. An dem großen Biertisch sitzen bereits drei Motorradfahrer.

Patina des Abenteuers

Junge Kerle, sonnenverbrannt, in ausgewaschenen Klamotten. Ihre Maschinen sprechen eine klare Sprache. Abenteuer. Insbesondere die Africa Twin. An den vorderen Sturzbügeln zwei Kanister. Links für Benzin, rechts für mindestens 20 Liter Frischwasser. Reisedusche und Trinkwasserreservoir in einem. An einem Strick baumelt ein Stückchen benutzte Seife.

Die zwei Triumph Thruxton 900 mit kurzen Auspuffanlagen haben dieselbe Patina. Eine stumpfe Färbung, die nur weitgereiste Maschinen entwickeln. Es sind drei Weltenbummler aus der französischsprachigen Schweiz. Einer hat sich Kirgisistan und alles, was dazwischenliegt, angesehen. Hinter den anderen beiden liegen zwei Jahre Weltreise.

Fernweh. Schon wieder. Immer noch

Mich trifft das Fernweh. Unvermutet. Unerwartet. Stark. Meine Frau erklärt: „It’s his dream.“ Es ist merkwürdig, nicht einmal Zuhause angekommen zu sein und doch schon wieder dieses Ziehen in die Ferne zu verspüren.

Unsere abenteuerliche Schotter- und Offroadtour durch die entlegensten Gebiete Rumäniens, Bulgariens, Mazedoniens, Albaniens und Montenegros erscheinen mir in diesem Moment wie ein Wochenendspaziergang. Als hätte man eine Kajaktour durch das Weißwasser der Isar unternommen, um dann, das Wasser noch in den Haaren, an den Ozean erinnert zu werden.

Was bleiben wird

Im anstehenden Arbeitsalltag wird das alles verschwimmen, immer unwirklicher werden und schließlich versinken. Was aber bleibend nachhallen wird, sind die als freundschaftlicher Rat gemeinten Worte:

„Do it. Just go!“

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4 Comments

  1. Ach, wenn ich von deiner Balkantour lese, packt mich auch das Fernweh.

    „Do it. Just go“ – wenn’s doch nur so einfach wäre.

    Schön, dass du wohlbehalten wieder zurück bist.

    Herzliche Grüsse
    DER HALBHARTE MANN

    1. Bei den Dreien sah es jedenfalls leicht und einfach aus. Aber als ich gehört habe, dass die zwei Weltenbummler mehr als 55.000 € (ohne Maschinen, ohne Verdienstausfall) auf den Kopf gehauen haben … Nun ja.

  2. Jaja, diese Weltenbummler sind oft sympathische junge Menschen, die zumindest in mir unbeabsichtigt den Verdacht schüren, dass man selbst für ein solches Großabenteuer zu alt, zu zögerlich, zu arm oder was auch immer sein könnte. Eine solche Erkenntnis kann einen kneifen, wenn man das Gefühl nicht los wird, ein Lebenstraum könnte nicht in Erfüllung gehen. Darum werde ich jetzt eine Weltreise planen, dazu muss ich nur noch

    • unseren alten Hund irgendwo unterbringen und Unmengen Hundefutter besorgen.
    • das Rasenmähen organisieren, damit das Grundstück nicht zu einem Grasbiotop wird.
    • meine Reisekasse befüllen und meinen Bankberater anrufen, damit ich die ultimative Plastikkarte bekomme, die auch in jeder Oase akzeptiert wird.
    • mit meinem Chef sprechen, um meine nächsten zehn Jahresurlaube zu verblocken.
    • mal schnell zum Arzt, um alle Impfungen gegen alles zu erhalten.
    • die Maschine zu Wartung bringen, damit sie zwei Jahre ohne Pflege durchhält.
    • die Weltkarte auf mein Navi spielen und kurvige Routenführung einstellen.
    • ach ja, mit meiner Frau sprechen, ob sie währenddessen nicht eventuell einen VHS-Kurs belegen möchte (ich glaube, hier sollte ich ganz behutsam agieren).

    Wenn ich zurückkehre ist der Hund bestimmt schon gestorben, den Rasen mäht ein Typ, den ich noch nie gesehen habe, wegen der schlecht kalkulierten Reisekosten habe ich das Haus mit einer neuen Hypothek belasten müssen, ich habe eine neue Chefin und erst wieder im Ruhestand Urlaub, meine Knie und Bandscheiben haben Spiel außerhalb des Toleranzbereichs, die Maschine sieht nach diversen Feldreparaturen aus wie eine Requisite aus einem Mad-Max-Film, das Navi hat sich beim Start schon kurz hinter Bad Segeberg aufgehängt und meine Frau erzählt mir, dass der Rasenmähermann den VHS-Kurs Stopfen ohne Garn geleitet hat.

    Nönö, ich habe es mir anders überlegt und werde weiter meine Mikroabenteuertouren unternehmen. Dann träume ich eben von der ultimativen Weltreise, die sowieso ganz anders verliefe als in meinen Vorstellungen. Von einer Weltreise lasse ich mir doch meine Träume nicht kaputt machen, das wäre ja noch schöner. Aber vielleicht, wenn ich meinen Diercke Weltatlas aus Schultagen im Keller wiederfände …

    In diesem Sinne, willkommen zurück!

    1. Weil es mir ganz ähnlich geht, arbeite ich mich mal dran ab:

      • Rasenmähen: Bienenwiese? Oder als Brache von der EU fördern lassen?
      • Chef: kündigen?
      • Impfungen: krank wird man sowieso! (Das ist nicht wirklich überzeugend, ich weiß.)
      • Maschine: Kann man unterwegs reparieren.
      • Routenführung: egal. Der Nase nach!
      • Frau: mitnehmen?

      Für Hund und Bank fällt mir nichts ein.

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