Motorradfahren ist eigentlich eine einsame Angelegenheit. Jedenfalls, sobald man den Helm aufsetzt. Eine Kommunikationsanlage könnte Abhilfe schaffen. Aber brauche ich das? Will ich das?
Pro
Auf der Pro-Seite stehen gute Argumente immer dann, wenn man nicht alleine unterwegs ist. Die ungezählten Ereignisse am Straßenrand müssen unkommentiert vorbeiziehen „Schau mal!“, „Sieh mal!“, „Da fällt mir ein!“.
Kommunikation beschränkt sich dann immer auf eine einzige Geste, den Fingerzeig, der letztlich nicht mehr aussagen kann als ein kindhaftes „da!“. Die kurzen Momente an Ampeln reichen nicht aus. Und steigt man abends ab, sind die spontanen Eindrücke und Einfälle meist verblasst oder vergessen.
Ein befreundetes Paar schwört auf Helmfunk. Er, als erfahrener Fahrer meist voraus, sie, als Einsteigerin, meist hinterher. Sie kann sich so besser auf das Fahren konzentrieren. Auch, da er regelmäßig warnt: „Gleich ein Wahnsinniger!“, „Hier ein Schlagloch!“, „Scharfe Kurve!“ oder anderes. Das ermöglicht ihr entspanntes Fahren. Das sind Vorteile.
Seitdem mir die beiden aber verraten haben, dass folgender Dialog regelmäßig Bestandteil ihrer Ausfahrten ist, bin ich nicht mehr so überzeugt. Sie: „Wollen wir eine Pause machen?“ Er: „Ja, klar, gleich.“ Sie (nach 10 Minuten): „Denkst Du an die Pause?“ Er: „Ja, Moment noch.“ Sie (nach weiteren 5 Minuten): „Pause?“ Er: „Noch ein bisschen.“ Der Dialog kann bis zu 45 Minuten dauern.
Kontra
In meinem Job nimmt Kommunikation einen bedeutenden Anteil ein. Und zwischenmenschliche Kommunikation ist nun mal gekennzeichnet von zahlreichen Redundanzen. Von vermeintlichen Nichtigkeiten und Zwischentönen. Oder häufig einfach auch nur davon, dass Menschen beachtet werden wollen.
Kommunikation ist zum großen Anteil eben nicht notwendiger Austausch von Informationen, sondern der Kitt in sozialen Beziehungen. Das ist der Grund, dass ich es in meiner Freizeit als sehr erholsam empfinde, einfach schweigen zu können. Muss ich während der Fahrt mitteilen, dass es regnet? Nein.
Ich schätze dieses sich aufeinander Einpendeln, das unausgesprochene Einvernehmen. Das wortlose Verstehen. Der reduzierte Austausch. Die schlichte Geste. Das einfache Nicken. Das klappt selbstverständlich nicht immer. Aber insgesamt klappt es gut.
Ein weiterer für mich wesentlicher Kontrapunkt: ein Device mehr, das aufgeladen werden muss. Die Akkulaufzeiten sind für Tagestouren vollkommen in Ordnung. Wenn man aber länger in Gegenden unterwegs ist, in denen Strom keine Selbstverständlichkeit darstellt, bedeutet es unnötigen Ballast. Und das Kabelgeraffel zur USB-Buchse mag ich einfach nicht.
Allein, dass es Produkte gibt, die „Kabelmanager“ genannt werden, spricht Bände. Wenn ich unterwegs bin, will ich nicht managen. Erst recht keine Kabel. Das raubt nur Zeit.
Aber …
Es gibt aber Situationen, in denen ich mich regelmäßig dafür verwünsche, nicht doch eine Sprechanlage angeschafft zu haben. Nämlich immer dann, wenn wir zu zweit oder im Rudel in uns fremden Großstädten unterwegs sind.
Das Multitasking aus Verkehr beachten, Ampelphasen einschätzen, Weg finden, Hintermann bzw. Frau im Blick behalten, der wichtigen Frage, ob man nicht mal halten solle – das alles wäre mit technischer Unterstützung weitaus entspannter.
Wenn’s der richtige Partner ist, schweigen beide zur richtigen Zeit.
Wenn das nicht klappt, ausschalten.
Wenn der Partner bei nächster Rast sich über das einseitige Ausschalten beschwert, Partner austauschen.